Eine neue Artikelreihe. Bisher wagte ich nicht, meine Begegnungen mit der finnischen Sprache näher zu beschreiben, aber jetzt stell ich mich der Herausforderung. Wenn das niemanden interessiert, kann ich ja wieder aufhören.
Hier also Teil 1: Warum Finnisch lernen?
In Deutschland erzählten mir alle, warum es sich nicht lohne, Finnisch zu lernen:
1. Die Finnen können sowieso alle Englisch.
2. Es redet eh keiner mit dir.
3. Finnisch kann man garnicht lernen.
Zumindest die ersten beiden stimmen nicht! Ersteres vielleicht in Helsinki, aber in Oulu ist es sicherlich nicht so.
Zunächst lernte ich Finnisch hauptsächlich, um meine wissenschaftliche Neugier zu befriedigen, dann gab es zwei einschneidende Erlebnisse:
1. Imke lernt skifahren, indem sie sich Skier und Stöcke kauft, sich bei den auf der Arbeit befindlichen Experten ein paar Ratschläge holt und dann zur Loipe geht und losfährt. Soweit man von fahren sprechen kann.
Am "Berg" (Hügel, der gleichzeitig Trennwall zur Autobahn ist), wurde es dann recht schwierig. Vorurteil 2 wurde wiederlegt, als mich ein freundlicher Herr ansprach, um mir zu helfen. Leider kurz darauf auch Vorurteil 1. So bleib als Kommunikationsgrundlage nur meine geschätzten 20 finnischen Wörter, ein bischen Zeigen und Lächeln. Schade.
2. Kurz danach, als ich meine Skikünste schon mit mehreren Ausfahrten gefestigt hatte, meinte ich, auf Skiern von der Arbeit nach Hause fahren zu müssen. Ich hatte mir die Strecke auf der Loipenkarte herausgesucht, es schien kein Problem zu sein (ok, bis darauf, dass Menschen später schätzten, dass es so ca. 18 km waren und es über den Oulujoki, den grössten Fluss hier, ging...). Die Schwierigkeit war allerdings, den Anfang der Loipe zu finden. Nachdem ich mit meinen Skiern im Arm losgestiefelt war, fiel mir bald auf, dass ich mich verlaufen hatte. Also: den nächsten verfügbaren Menschen fragen. "Missä on hiihtolatu?" ist ja nicht so schwierig. Und auch die Antwort, hatte ich richtig verstanden -- bloß falsch interpretiert. Also nächstes traf ich einen Jungen mit seinem Schläger und Eishockeytor (in Finnland spielen die kleinen Kinder nicht dauernd Fußball...) -- der konnte Finnisch, aber leider nicht meine Abart davon ;-) Ein langgezogenes "Mitäääää?" war die einzige mögliche Kommunikationsform. Kurz darauf war auch eine Frau mittleren Alters mit meinem Gesuch überfordert. Nach Hause kam ich allerdings trotzdem.
Generell ist es allerdings schon so, dass man mit Englisch überlebt. Es ist halt nur langweiliger und schwieriger. Für einen so neugierigen Menschen wie mich geradezu unerträglich ;-)
Im Ernst, wenn man bei der Arbeit den gesamten Smalltalk (finnischer Smalltalk...) nicht mitbekommt, oder auf sämtlichen Parties darauf angewiesen ist, dass jemand mit einem Englisch spricht, ist das nicht sehr lustig.
Fernsehen besteht viel aus amerikanischem und britischem Material -- also kein Problem. Wer wiederum mal die Nachrichten sehen will, kommt um Finnisch dann doch nicht mehr herum. Theater etc. -- unmöglich.
Im Ausland ist finnisch tatsächlich die unnötigste Sprache, die ich jemals gelernt habe. Selbst Russisch ist wesentlich hilfreicher (man kann die Leute verstehen, die in der U-Bahn nach Farmsen fahren).
NACHTRAG: Ich vergaß zu erwähnen, dass Finnisch auch die lustigste Sprache ist, die ich kenne ;-)
Dienstag, 1. April 2008
Die Sprache der Eingeborenen [1]
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1 Kommentare:
Das mit dem Small Talk stimmt. Wir waren im Kindergarten drei Praktikantinnen, eine aus Portugal, eine aus Russland und ich. Nur die Portugiesin konnte kaum Finnisch, die Russin und ich haben uns untereinander und auch mit unseren finnischen Kollegen meist auf Finnisch unterhalten - solange bis jemand für Raquel übersetzen musste und wir bemerkten, dass sie ja die ganze Zeit nichts verstanden hatte. Meine finnischen Kollegen haben zum Teil gut, zum Teil schlecht Englisch gesprochen bzw. haben sich nicht getraut und ich musste dann übersetzen. Unangenehm für beide Seiten.
Ich persönlich als Sprachwissenschaftlerin fühle mich inzwischen auch irgendwie unwohl, wenn ich in einem Land bin, wo ich die Sprache nicht wenigstens rudimentär verstehe. Und wenn man woanders lebt finde ich, gehört es zum Respekt vor der anderen Kultur, dass man es wenigstens versucht die Sprache zu erlernen.
Apropos unnütz: Mein erster Satz auf finnisch war "lämmitys ei toimi". Das habe ich aus dem Wörterbuch meiner Finnland-verrückten Freundin und daraufhin habe ich beschlossen Finnisch zu lernen. Auch aus wissenschaftlichem Interesse. ;)
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