Freitag, 28. August 2009

Käsivarsi 2009, Tag 6

1.8.2009 Durchs Hufeisental

Heute morgen war von den tausenden Rentieren im Tal nichts mehr zu sehen. Ein einzelnes sah uns von weitem beim Frühstücken zu, und irgendwann fanden wir durch Zufall auch einige hundert mehr -- das nächste Bild ist mal wieder ein Suchbild mit Rentier. Verrückte Tiere. Und erstaunlich, dass die da mal kurz hochgehen und auf dem Schneefeld nicht einfach wieder abrutschen, sogar mit den Kitzen.
Plötzlich ziehen dunkle Wolken ins Tal und wir packen sehr zügig ein. Kurz vor dem Regen kommen wir los, es geht zum Pass nach Norden. Besonders bei so einem Regen merkt man warum der Berg am Anfang des Tals Juoksavatnjunni (ungefähr übersetzt wohl Berg des fliessenden Wassers) genannt wird -- wir überqueren ungefähr alle 20 Meter einen Bach, mal eher ein Rinnsal, mal ziemlich tief. Allerdings ist der Wasserstand insgesamt immer noch recht niedrig, so dass wir mit ein bischen Sportsgeist einen Weg mit den Stiefeln über die Steine finden. Manche Bäche werden hauptsächlich von Gletschern gespeist und führen so seltsam grau-undurchsichtiges Wasser und die Steine sind mit gleichfarbigem Schlamm überzogen. Etwas unpraktisch. Nachdem wir das Tal halb durchquert haben hört es halbwegs auf zu regnen. Wir finden noch mehr Schneefelder mit Rentieren. Ich finde heraus, dass die vierhundert Meter Höhenunterschied auf den Pass hinauf aus Torfhügeln mit Bächen und Sümpfen dazwischen besteht (Auf dem Bild sieht man den Maßstab leider nicht besonders gut...). Das ist nicht so extrem motivierend, ständig ein paar Meter steil rauf, dann wieder runter, durch den Sumpf, über den Bach, noch ein bischen mehr Sumpf und dann wieder von vorne. Immerhin wird es weiter oben hin steiniger. Und während ich so vormichhin schimpfe sind wir plötzlich auf dem Pass angekommen.
Im Norden sieht man Norwegen und sogar ein klitzekleines Stück Eismeer -- die Spitze des Lyngenfjords. Während ich mich ein bischen ausruhe, versucht Harri herauszufinden, ob wir vom Pass aus den Moskkugaisi besteigen können (oder wollen). Das ist der höchste Berg in der Region. Plötzlich sehe ich Harri auf dem Hosenboden und in seltsamer Position ein langes steiles Schneefeld heruntersausen. Während ich überlege, was ich mache, wenn er nicht wieder in meinem Blickfeld auftaucht sehe ich ihn wieder auf dem Weg nach unten und wenig später wird mir mitgeteilt, dass er nur mal wissen wollte, was passiert wenn man auf so einem Schneefeld ausrutscht. Aha.
Ich bin eher dafür, die kleine Spitze des Pältsän auf der anderen Seite des Passes zu besteigen und das machen wir dann auch. Dann müssen wir die über den Tag gesammelte potentielle Energie wieder umwandeln -- auf ungefähr einem Kilometer geht es so weit runter wie wir den ganzen Tag heraufgelaufen sind. Der ganze Nordhang ist mit Schmelzwasserrinsalen und Steinfeldern übersät -- aber hilfreicherweise finden wir einige lange Schneefelder über die wir schneller herunterkommen. Ich finde es nicht so vertrauenserweckend mit dem schweren Rucksack da runter zu müssen, aber eine kurze Kletterpartie über Steinfelder lässt mich schnell das geringere Übel wählen -- und nach einer Zeit bringt es auch tatsächlich Spaß Anfang August auf Schneefeldern skizufahren. Weiter unten wird es grüner, und wir finden sogar ein paar vielversprechende Stellen, aber kein Wasser mehr. Weiter unten finden wir Wasser, Mücken und Sümpfe -- und irgendwann eine kleine Anhöhe. Wir sind ziemlich nah am "Nordkalottleden", einem Fernwanderweg, gelandet und Harri fängt schon an, paranoid nach Menschen Ausschau zu halten. Heute haben wir auf dem Weg im Hufeisental schon zwei von weitem auf der anderen Seite des Tals gesehen. Aber an diesem Abend verirrt sich keiner mehr in unsere Nähe. Wir haben das Zelt übrigens an einem breiten Fluss mit eiskaltem klaren Wasser aufgestellt, der wunderbar entspannend rauscht. Während ich in den ersten Tagen bei jedem Geräusch aufgewacht bin, schlafe ich inzwischen im Zelt tief und fest, allerdings wird mir berichtet, dass ich im Schlaf rede. Und zwar laut und deutlich in Englisch, so dass ich morgens zu hören bekomme, was ich letzte Nacht wieder Seltsames gesagt habe...

Dienstag, 25. August 2009

Käsivarsi 2009, Tag 5

31.7.2009 In die Berge

Heute ist Marschtag, also nicht "nur am dem Fjäll in der Sonne sitzen" wie Harri schon am Vortag angekündigt hatte (und wir es bei passendem Wetter tatsächlich ausgiebig praktiziert haben). Erstmal stehe ich jedoch alleine früh auf, genieße den Morgen auf unserer Traumzeltwiese und kann mich sogar mal richtig waschen -- Südwind (warm und weht Mücken weg) und Sonne sei Dank. Die Bäche im Tal sind glasklar und nur mittelkalt.
Dann geht es durch recht flaches Hügelland Richtung Norden. Wir machen heute mal Mittagspause in Norwegen, dort überqueren wir einen Wasserfall und kehren nach hundert Metern nach Schweden zurück. Harri glaubt, einen Bären mit zwei Jungen am nächsten Fjäll gesehen zu haben, ich bin natürlich zu langsam um dieses Schauspiel mitzubekommen. Allerdings nach einiger Rekonstruktion einigen wir uns darauf, dass es vielleicht auch ein Rentierfarmer mit zwei Lapplandhunden gewesen sein könnte. Wenig später finden wir einen Geländeweg und sehen eine "Renvaktarstugan". Naja, ein bischen aufregend war es immerhin für zehn Minuten oder so.
Nach der Mittagspause geht es den Rest des Tages hauptsächlich aufwärts -- in die "richtigen Berge". Wir wollen am Eingang des Hufeisentals (keine Ahnung wie das wirklich heißt, aber es ist auf der Karte gut an seiner Form zu erkennen) zwischen Juoksavatnjunni und Pältsän zelten. Zunächst wollen wir jedoch den Juoksavatnjunni besteigen. Die Fjälllandschaft die wir hinter uns lassen wird immer kleiner, die Berge vor uns immer größer. Wir treffen mal wieder ein paar hundert Rentiere auf Schneefeldern und lassen unsere Rucksäcke schließlich auf ca. 1000 m über NN liegen und machen uns an die Bergbesteigung. Es stellt sich heraus, dass diese Bergseite aus losen hand- bis tischplattengroßen flachen Steinen besteht und nach oben hin immer steiler wird. Schöne Steine wieder mal -- ganz viele verschiedenen Steine sind wohl aus verschiedenen Schichten des Berges irgendwann auf einen Haufen abgerutscht. Es läuft sich eigentlich ganz gut, solange man nicht daran denkt, was passiert wenn man abrutscht oder nach unten schaut, aber irgendwann wird es uns zu steil -- wir beide scheinen ungefähr gleich angsthasig veranlagt zu sein. Also noch ein wenig den Ausblick von 200m unterhalb des Gipfels des Berges mit dem schönen Namen genossen und uns dann wieder an den Abstieg gemacht. Im Nachhinein war der Rückzug sehr klug, denn fünf Minuten nachdem wir unsere Rucksäcke wiederhatten, fing es an zu regnen. Ergiebiger Landregen würde meine Mutter dazu sagen. Nasse flache Steine auf einem steilen Abstieg wären wohl nicht so praktisch gewesen. Auf den Fotos sah der Aufstieg natürlich nicht im mindesten steil aus (und die Fotos sind überdies ziemlich schlecht und deshalb größtenteils aussortiert.



Wir wandern also ins Hufeisental auf der Suche nach einem Zeltplatz. Schließlich werden wir auf einem Torfhügel an einem kleinen Bach fündig. Der Regen hat ein bischen nachgelassen und zehn Sekunden vor dem nächsten Platzregen haben wir das Zelt aufgebaut und die Rucksäcke verstaut. Auf dem folgenden Bild sieht man übrigens den Juoksavatnjunni.
Nach einer halben Stunde hat der Regen aufgehört und wir bauen unsere Kochgerätschaften auf. Eine Rentierherde kommt ins Tal und läuft gelassen an uns vorbei. Rentierherden können anscheinend ziemlich groß sein, der Zug dauert fast eine Stunde. Vorsichtige Schätzungen belaufen sich auf einige tausend Tiere -- das Tal ist ziemlich breit. Wir essen also gemütlich und schauen Rentiere an. Und die Rentiere uns. Fast scheint es als kämen Rentiertouristengruppen vorbei um Menschen mit Zelt zu sehen. Sie gehen in ca. 50 m Abstand vorbei und jedes bleibt ein paar Sekunden stehen um sich die merkwürdigen Gestalten genau anzusehen. Vielleicht dreißig Tiere entscheiden sich, die Nacht bei unserem Zelt zu verbringen, netterweise bachabwärts.
Große Rentierherden sind übrigens durchaus laut, andauernd versuchen einige Tiere, die anderen mit Grunzen irgendwohin zu treiben und die Kälber rufen nach ihren Müttern. Kleinere Herden sind sich anscheinend auch so einig wohin sie gehen wollen, da ist kaum ein Ton zu hören.
Wir machen noch einen Spaziergang durchs Tal zu einem höhergelegenen Gletschersee und ein paar Flüssen, die durch dicke Schneefelder fließen. Ich finde Schneefelder Ende Juli immer noch erstaunlich, besonders wenn man sie auf unter 1000 Metern Höhe findet. Diese sind um einiges größer als die, die wir bisher gesehen haben, und strahlen meterweit Kälte aus. Man kann auch gut sehen, warum man keine von Flüssen unterspülten Schneefelder überqueren sollte. Schliesslich kürzen wir auf dem Rückweg ein bischen über ein Schneefeld ab. Harri ist richtig schnell, er kann mit seinen Wanderstiefeln auf dem festen Schnee skifahren -- ich komme ebenfalls schnell, allerdings ungewollt recht unelegant auf dem Hosenboden hinterher.

Montag, 24. August 2009

Käsivarsi 2009, Tag 4

30.7. Weiter nach Norden

Unser Tagesrhythmus verschiebt sich nach hinten -- gestern sind wir um 3 Uhr eingeschlafen und um 1 Uhr nachmittags aufgestanden...
Dafür wird es im Laufe des Tages schön sonnig und man kann gut über die Fjällwiesen laufen. Erstaunlich viele Wiesen mit allen möglichen Blumen, obwohl wir uns wie immer weit über der Baumgrenze befinden. Bei der üblichen morgendlichen Fjällbesteigung und Wegplanung beschließen wir über ein interessant aussehendes Fjäll zu laufen, das aus drei Gipfeln mit einem See dazwischen besteht. Den See sehen wir erst als wir direkt davor stehen, aber von unten sieht man Schneefelder, die recht seltsam geformt sind und stellenweise eine rotbräunliche Färbung aufweisen (das kann man auf dem Bild sogar sehen).

Ein wenig später auf dem Weg zum Fjäll hat sich die Form der Schneefelder verändert, schliesslich kommen wir darauf, dass diese Felder belebt sind, eine Rentierherde hat sich darauf breitgemacht. Wir machen Pause im Tal und hören schon herrisches Rentiergrunzen, ein paar Anführerrentiere scheinen es wichtig zu finden, dass die Herde von einem zum anderen Schneefeld wechselt -- und dann wieder zurück. Wir tanken Wasser am Bach, der durchs Tal fließt. Ich trinke einen Schluck und spucke ihn lieber wieder aus -- es schmeckt irgendwie seltsam. Wir beschließen, lieber woanders nach Wasser zu suchen und gehen ein Stück talaufwärts, wobei wir auch auf ein völlig trübes Rinnsal treffen, das direkt vom bräunlichen Schneefeld kommt. In Zukunft achten wir wesentlich genauer darauf, woher wir unser Wasser holen.
Ein paar Höhenmeter weiter verwandelt sich die Wiese spontan in ein Geröllfeld. Wir müssen an der Rentierherde vorbei. Die Anführerrentiere treiben die Herde zusammen, als wir näherkommen. Die ganze Herde läuft zusammen in einem ziemlich engen Knäul auf dem Schneefeld. Ich hoffe, dass nicht gleich die Panik ausbricht und sich die Tiere bei der Flucht durchs Geröll die Beine brechen, aber so gefährlich wirken wir wohl doch nicht. Die Anführer beschliessen bloß, irgendwann vom Schneefeld ein Stück bergaufwärts zu traben, die halbe Herde kommt mit, die anderen bleiben doch lieber auf dem Schneefeld. Schließlich finden die Anführer es doch besser auf dem Schneefeld und auch der Rest kommt wieder -- alles während wir langsam am Schneefeld vorbeilaufen.Wir machen am See auf dem Fjäll Mittagspause und haben einen exklusiven Blick auf das Bergmassiv, was wir morgen erreichen werden. Bald nach dem Abstieg vom Fjäll treffen wir auf ein Tal, das von Bächen durchzogen ist. Zu allen Seiten sieht man Flussbetten, die während der Schneeschmelze enorme Wassermassen transportieren müssen. Jetzt sind die meisten Zuflüsse jedoch trocken und man kann einfach über die Bäche im Tal rüberspringen oder an einer seichten Stelle mit Stiefeln durchlaufen. Wir finden eine große ebene Wiese und beschließen diesen idealen Zeltplatz zu nutzen, obwohl wir eigentlich noch ein bischen weiterwollten. Aber bei diesem Wetter kann man seine Zeit auch gut mit auf der Wiese in der Sonne liegen verbringen. Die Fauna im Tal besteht hauptsächlich aus ein paar Fischen, die sich ebenfalls sonnen, und "Alarmvögeln" (vermutlich heißen sie in Wirklichkeit Tunturikihu). Diese Tiere sitzen hauptsächlich auf Felsen und schreien laut, um bekannt zu machen, dass wir vorbeikommen. Wenn man auf ein paar Meter herankommt, fliegen sie weg und lassen sich ein Stück weiter auf dem nächsten Felsen nieder. Man kommt sich schon ein bischen wie ein Eindringling vor. Sobald man im Zelt verschwindet ist man jedoch unsichtbar und nicht mehr meldenswert.
Einen Abendspaziergang auf ein nahegelegenes Fjäll machen wir natürlich auch noch -- heute kann man ein Tal mit vielen Sanddünen und einem breiten Fluss sehen.
Den Tag über ist mein Ohr auf doppelte Dicke angeschwollen und ist ziemlich warm, anscheinend haben die Kriebelmückenstiche von gestern erst jetzt die volle Wirkung entfaltet. Laut Harri steht das Ohr auch weit vom Kopf ab und ist sehr rot und kann deshalb vorzüglich als Leuchtsignal benutzt werden. Wer solche Mitreisende hat, braucht keine Feinde mehr ;-)

PS: Liest eigentlich jemand diese Einträge bis zum Ende? Und ist es überhaupt interessant? Ich bin noch nichtmal bei der Hälfte angelangt -- dauert doch immer eine Weile, das Tagebuch zu entziffern und mir fallen dann immer noch tausend andere Sachen ein, die ich kurz aufschreiben muss...

Sonntag, 23. August 2009

Nochmal Luftgitarren

Wer sich fragt, was für einen Sinn einen Luftgitarrenweltmeisterschaft hat, dem wird auf der Veranstaltung erklärt, dass Luftgittarismus den Weltfrieden herbeiführen wird, wenn nur endlich alle Menschen Luftgitarre spielen. Dann wäre das ja schon mal geklärt.
Luftgitarre spielt man natürlich weniger mit den Fingern sondern als her mit allen anderen Körperteilen. Hilfreich ist auch, dass man mit so einer Luftgitarre tun kann, was man möchte. So warf ein Luftgitarrist seine Gitarre in die Luft, schaute kurz auf seine Luftuhr, tanzte ca. 15
Sekunden auf der Bühne herum und fing sie dann wohlbehalten wieder auf.
Die Zuschauer machten kein Unterschied zwischen Luftinstrumenten und solchen aus Materie -- in den vorderen Reihen wurde mindestens so viel gekreischt wie auf einem Konzert einer
Boygroup. Internationaler als jedes Normalkonzert war es auf jeden Fall auch -- ich habe auf dem Ouluer Marktplatz noch nie so viel Englisch im Publikum gehört. Schätzungsweise jede zweite Unterhaltung war in Nicht-Finnisch.
Einen Weltmeistertitel, auch in Luftgitarre muss natürlich fair vergeben werden und so gab es echte Punktrichter, die nach jeder Darbietung "Haltungsnoten" verteilten. Verdienterweise gewann der Franzose "Günther Love". Der Preis war stimmigerweise eine durchsichtige E-Gitarre.
Ein Helfer der guten Stimmung war auch das Wetter. Eine laue Sommernacht, die man auch noch um Mitternacht ohne Jacke geniessen konnte. Zumindest wenn man vorsichtshalber einen dicken Wollpulli und lange Unterhosen angezogen hatte ;-). Dunkel wirds inzwischen wieder -- aber der Herbst kann sich bitte noch ein bischen Zeit lassen.

Freitag, 21. August 2009

Weltmeisterschaften oder: Die spinnen, die Finnen [55]

Am Wochenende gehts weiter mit dem Wanderbericht, aber heute gibts nur einen Veranstaltungshinweis:

Nicht nur in Berlin sondern natürlich auch in der Weltstadt Oulu finden derzeit Weltmeisterschaften statt. Typisch Finnisch natürlich in einer etwas interessanteren Disziplin als Leichtathletik.
Ich werde mich also gleich auf den Weg zum Marktplatz machen, denn da findet heute das Finale der Luftgitarrenweltmeisterschaft statt. Schon seit Tagen treiben sich Luftgitarristen aus aller Welt in Oulu herum und versuchen ihre verlorenen Luftgitarre auf Aushängen wiederzufinden und ähnliches. Der Veranstalter betont, dass die Veranstaltung sehr fair ist, weil jeder die gleiche Luftgitarre benutzt. Ûber die Meisterschaft wird natürlich international berichtet.

Ausserdem tritt auch eine meiner Lieblingsbands auf: Die Don Johnson Bigband. Schwer zu beschreiben, was für Musik die machen, aber auf jeden Fall sehr sehenswert. Die Videos und CDs geben die Musik irgendwie nicht so besonders gut wieder, aber live hat diese Band eine unheimliche Energie und ausserdem einen sehr guten Saxophonisten und mehrere Schlagzeuger und Percussionisten.

Mittwoch, 19. August 2009

Käsivarsi 2009, Tag 3

29.7. Zum Rastojaure
Heute morgen regnet es und der Wind hat gedreht und weht jetzt von Norden. Im Tunnelzelt hört sich der Seitenwind wie Sturm an, aber nachdem wir mal die Nase aus dem Zelt gesteckt haben merken wir, dass der Wind garnicht so schlimm ist. Wir reden und frühstücken ein bischen im Zelt und siehe da, der Regen lässt nach. Um eins gehen wir tatsächlich los. Heute solls endgültig zum See gehen. Wir wandern auf einer Wasserscheide, was ziemlich praktisch ist, weil man fast keine Bäche durchwaten muss, aber auch ungünstig, weil man nämlich manchmal ziemlich lange kein Wasser findet. Nachmittags wird es wieder wärmer und wir dursten ein wenig aus. Zum See hin wird die Vegetation höher und wir kämpfen uns durch Weidengestrüpp. An einem Fjäll treffen wir eine Schneehuhnfamilie und umrunden sie vorsichtig, wir sind wohl ausversehen fast durch ein Schneehuhnnest gelaufen. Wir sehen auch ein einsames hinkendes Rentier, auch dem bleiben wir vom Leib um es nicht noch mehr aufzuregen.
Wir einigen uns schließlich, nicht direkt am See zu zelten, weil es da ziemlich sumpfig aussieht, sondern etwas nördlich an ein paar Seitenseen. Dort ist es etwas höhergelegen, aber es gibt trotzdem ausreichend Mücken und Weidengestrüpp. Dafür ist das nahegelegene Fjäll, das wir abends besteigen direkt an der Nordseite des Sees gelegen, so dass wir einen großartigen Ausblick über den Rastojaure haben, See fast bis zum Horizont. Man sieht außerdem westlich gelegen eine norwegische Bergkette, die ich auch gerne mal bewandern würde. Die Berge westlich vom See fallen schroff zum See hin ab und es sind viele Schneefelder und Wasserfälle zu sehen.
Als wir uns gerade auf einen Fels setzen und eine Kekspause machen, bewegt sich etwas braungraues weiter unten am Fjäll. Vermutlich ein Schneefuchs oder ein marderähnliches Tier. Lange halten wir es nicht mehr draussen vorm Zelt aus, denn der Wind hat nachgelassen und die Mückenzahl exponentiell zugenommen. Auch Kriebelmücken haben sich zur fröhlichen Runde gesellt.

Dienstag, 18. August 2009

Käsivarsi 2009, Tag 2

28.7.2009 Durch die Fjälls

Wir beschließen heute erstmal auf ein hohes Fjäll zu steigen um die Gegend zu sehen und den weiteren Weg zu planen. Das höchste Fjäll der Gegend befindet sich nur ein paar Kilometer entfernt, also steigen wir erstmal auf knapp 1000 Meter über NN auf. Auf dem Berggipfel befindet sich auch ein großer einsamer Rentierich. Da der Wind aus der richtigen Richtung kommt, wird es eine ziemlich nahe Begegnung mit Anstarrwettbewerb. Auf dem Fjäll befindet sich auch eine Mobilfunkbasisstation, gespeist aus Solarkollektoren, vermutlich für ein paar Hütten die ab und zu von Rentierhaltern benutzt werden. Harri meint, dass die Schweden sowas halt nötig haben ;-).
Vom Berg aus kann man tatsächlich weit sehen -- und vor allem auch wo man wirklich nicht langgehen möchte. Es fällt auf, dass die Ostseiten der Fjälls in der Gegend wesentlich steiniger sind als die Westseiten. Außerdem wird mal wieder deutlich, dass Kartenplanung nicht alles ist, die Welt sieht in Wirklichkeit doch ganz anders aus. Hinzu kommt in Schweden, dass die Beschaffenheit der Gegend in der Karte nicht besonders genau beschrieben wird. Die Höhenlinien sind eher auf höhere Berge ausgelegt, hier im Hügelland sieht man die Form der Fjälls nicht besonders deutlich. Während auf finnischen Karten Sümpfe verschiedener Art gibt ("blaue" und "grüne Sümpfe"), ist in den schwedischen Karten lediglich die Art von Sümpfen verzeichnet, die man auf jeden Fall nicht durchqueren will.
Wir beschließen, dem Rastojaure, dem riesigen See in der Region, einen Besuch abzustatten. Es geht also Richtung Nordwesten, erstmal zu einer Brücke, wo wir auch unter einem Rentierzaun durchkriechen müssen. An der Brücke machen wir Mittagspause und schauen den Lapintiiras, eine Art Seeschwalben, zu.
Mir scheint das Mittagessen nicht so besonders gut zu bekommen, zumindest fühl ich mich ein bischen schwach und flau im Magen. Harri scheint es ähnlich zu gehen und so fangen wir irgendwann an einen Zeltplatz zu suchen. Im ersten Tal gibt es keinen einzigen, so steinig und uneben ist es, aber schließlich finden wir einen netten Platz mit nur mittelviel Mücken an einer Flussmündung. Die Flüsse scheinen hier zur Schneeschmelze ziemliche Kraft zu haben. Im Moment führen sie nur wenig Wasser, deswegen muss man manchmal einige Meter in die beeindruckenden steinigen Flussbetten hinuntersteigen um dann ein Bächlein zu überqueren. Als wir uns gerade daran machen, Abendessen zu kochen, hören wir Motorengeräusche. Ein Rentierhalter auf seinem "mönkkijä", so ein kleines Geländefahrzeug, und seinen zwei Hunden kommt vorbei. Er erkundigt sich, was wir so vorhaben und ob wir Rentiere gesehen haben. Wir haben uns auch schon gewundert bisher nur eins zu treffen, aber sie scheinen verschollen zu sein. Dann fragt er, wie wir den hergekommen seien, mit dem Hubschrauber? Wir erklären, dass man auch ganz normal laufen könne, das findet er seltsam. In der Tat haben wir heute und gestern mehrere Hubschrauber beobachtet. Anscheinend fliegen die Fischer von Kilpisjärvi zum Rastojaure. Das beeinträchtigt die Illusion der unberührten Natur weitab jeder Zivilisation etwas. Die Schweden scheinen mit der Natur im allgemeinen anders umzugehen als die Finnen. In Finnland gibt es wenig Wege, Hütten und sonstige Infrastruktur, man geht einfach so wandern. In Schweden stecken da anscheinend einiges an Subventionen hinter. Allerdings ist die Landschaft in Nordschweden und Norwegen ja auch etwas rauer und ohne Brücken wäre es bei einigen Flüssen fast unmöglich sie zu überqueren.

Nach dem Abendessen kehrt die Energie zurück und wir beschließen das im Tal gegenüberliegende Fjäll zu besteigen -- ohne Rucksack läuft es sich leichter. Die "richtigen Berge" sind schon um einiges nähergekommen und man sieht immer mehr Details. Sie scheinen schon wesentlich steiler als gestern. Wie immer sieht man drei Länder: Norwegen, Schweden und Finnland. Auffällig sind auch die Steine, über die man ständig kraxelt. Steine auf einem Haufen sind manchmal aus völlig verschiedenen Materialien und wir finden zum Beispiel einen ca. einen Kubikmeter großen Block aus reinem Quarz. Auf dem Rückweg genießen wir einen schönen orangerosanen Sonnenuntergang. Nicht dass es dunkel werden würde, aber die Sonne geht trotzdem ein bischen unter.

Montag, 17. August 2009

Käsivarsi 2009, Tag1

27.7.2009 Peera bis zur Hochlandgrenze

Auch von Oulu aus dauert es noch eine ganze Weile, bis man richtig im Norden ist, in diesem Fall im "Arm" von Finnland. Aber man kann gemütlich morgens in den Bus steigen und abends wieder aus. Die Anschlüsse sind von Oulu aus wirklich gut, und man muss beim Umsteigen in Rovaniemi noch nichtmal sein Gepäck selbst in den nächsten Bus packen, wenn man dem Busfahrer vorher erzählt wo man hinmöchte. Das erhöht allerdings etwas die Spannung, ob der Rucksack denn auch wirklich und heile mitgekommen ist.
In Peera angekommen versperrt erstmal ein Hubschrauber den Busparkplatz, weswegen der Bus für uns einfach ein Stück weiter an der Straße stehen bleibt. Zwei Sekunden nachdem Harri sage, "Hier gibts ja erstaunlich wenig Mücken", schwirrte der erste Schwarm heran. Als erstes wanderten wir mal nach Schweden, das dauerte circa zehn Minuten über einen Sandweg und eine schmale Fußgängerbrücke. Auf der schwedischen Seite fanden wir ein kleines Dorf und mindestens zehn Autos, die anscheinend nur dazu benutzt werden, die paar Kilometer Sandstraße zu fahren, die es dort gibt. Ausserdem gab es eine Menge Wohnanhänger mit angebauter Hütte, das scheint gerade norwegische Mode zu sein.
Über einen kleinen Pfad entfernten wir uns langsam aus der Zivilisation und in die Fjälls. Der Weg dorthin führte jedoch erstmal durch abwechselnd sumpfiges und sandiges Tiefland. Der Plan war eigentlich, diesen Abend nur ein paar Kilometer zu wandern und dann einen Zeltplatz zu suchen, doch sämtliche Zeltplätze (und davon gab es Unmengen) waren schon von Mücken belegt. Sobald man anhielt war man von ihnen umringt, solange man sich bewegte war es einigermaßen erträglich. Nicht mal auf einigen sandigen Anhöhen die wir erkletterten wehte genug Wind um uns die Viecher vom Hals zu halten. Pausen gab es deswegen auch nicht so viele. Dabei war die "räkkiaika", die Hauptzeit der Mückenschwärme, doch schon vorbei, ich will mir nicht vorstellen, wie es Anfang Juli dort aussieht. Nach ein paar Kilometern treffen wir ein Quad mit Anhänger, dass andauernd im Schlamm steckenbleibt. Auch recht viele Antriebsketten von Schneemobilen sind zu sehen, im Winter scheint hier einiges los zu sein. Immerhin finden wir keine der sonst auf Schneemobilrouten allgegenwärtigen Bierdosen.
Weiter gehts in Richtung Hochland, auf dass dort vielleicht ein bischen mehr Wind weht. Doch meine private Mückenherde folgt mir brav auch den Berg hinauf, auch als der Wind auf 0,1 m/s ansteigt. Schließlich erbarmt sich der Wind ein bischen weiter oben doch und nach einer Weile finden wir auch einen Bach, der zwar hauptsächlich vom nebenliegenden Schneefeld gespeist wird, aber immerhin. Wir haben inzwischen 15 km zurückgelegt und es ist halb elf. Von unserem Zeltplatz aus sieht man schon unser Ziel, Kilpisjärvi. "Turhakävely", also ungefähr "unsinniges Laufen", nennt Harri unsere Reise, als wir zehn Tage später endlich dort ankommen -- man hätte schließlich auch direkt auf der Straße noch am gleichen Abend die knapp zwanzig Kilometer dorthin erledigen können. Auch die "Hauptattraktionsberge", die wir in ein paar Tagen bewandern werden, sind schon gut zu sehen.
Wie auch noch später auf unserer Reise denke ich darüber nach, ob man nicht mit den Unmengen Mücken und Krähenbeeren die es hier gibt, irgendwas anfangen könnte, es gibt sie wirklich im Überfluss. Ausser Mücken haben wir noch ein Schneehuhn gesehen, Wölfe und Bären lassen auf sich warten.
Schlafenszeit ist 1:30 Uhr, die Mücken prasseln beruhigend wie Regen aufs Zelt.

Mittwoch, 12. August 2009

Wandern im Dreiländereck FI-SE-NO


Ich habs überlebt, recht erfolgreich sogar, aber das gute Wetter hat das Schreiben etwas verzögert. Jetzt ist es kalt und regnet und das soll auch noch bis mindestens morgen so bleiben.

Meine Sachen sind sogar schon so weit sortiert, dass ich mein Reisetagebuch wiedergefunden habe. Falls ich es entziffern kann, werde ich Auszüge daraus hier in den nächsten Tagen veröffentlichen.