Dienstag, 25. August 2009

Käsivarsi 2009, Tag 5

31.7.2009 In die Berge

Heute ist Marschtag, also nicht "nur am dem Fjäll in der Sonne sitzen" wie Harri schon am Vortag angekündigt hatte (und wir es bei passendem Wetter tatsächlich ausgiebig praktiziert haben). Erstmal stehe ich jedoch alleine früh auf, genieße den Morgen auf unserer Traumzeltwiese und kann mich sogar mal richtig waschen -- Südwind (warm und weht Mücken weg) und Sonne sei Dank. Die Bäche im Tal sind glasklar und nur mittelkalt.
Dann geht es durch recht flaches Hügelland Richtung Norden. Wir machen heute mal Mittagspause in Norwegen, dort überqueren wir einen Wasserfall und kehren nach hundert Metern nach Schweden zurück. Harri glaubt, einen Bären mit zwei Jungen am nächsten Fjäll gesehen zu haben, ich bin natürlich zu langsam um dieses Schauspiel mitzubekommen. Allerdings nach einiger Rekonstruktion einigen wir uns darauf, dass es vielleicht auch ein Rentierfarmer mit zwei Lapplandhunden gewesen sein könnte. Wenig später finden wir einen Geländeweg und sehen eine "Renvaktarstugan". Naja, ein bischen aufregend war es immerhin für zehn Minuten oder so.
Nach der Mittagspause geht es den Rest des Tages hauptsächlich aufwärts -- in die "richtigen Berge". Wir wollen am Eingang des Hufeisentals (keine Ahnung wie das wirklich heißt, aber es ist auf der Karte gut an seiner Form zu erkennen) zwischen Juoksavatnjunni und Pältsän zelten. Zunächst wollen wir jedoch den Juoksavatnjunni besteigen. Die Fjälllandschaft die wir hinter uns lassen wird immer kleiner, die Berge vor uns immer größer. Wir treffen mal wieder ein paar hundert Rentiere auf Schneefeldern und lassen unsere Rucksäcke schließlich auf ca. 1000 m über NN liegen und machen uns an die Bergbesteigung. Es stellt sich heraus, dass diese Bergseite aus losen hand- bis tischplattengroßen flachen Steinen besteht und nach oben hin immer steiler wird. Schöne Steine wieder mal -- ganz viele verschiedenen Steine sind wohl aus verschiedenen Schichten des Berges irgendwann auf einen Haufen abgerutscht. Es läuft sich eigentlich ganz gut, solange man nicht daran denkt, was passiert wenn man abrutscht oder nach unten schaut, aber irgendwann wird es uns zu steil -- wir beide scheinen ungefähr gleich angsthasig veranlagt zu sein. Also noch ein wenig den Ausblick von 200m unterhalb des Gipfels des Berges mit dem schönen Namen genossen und uns dann wieder an den Abstieg gemacht. Im Nachhinein war der Rückzug sehr klug, denn fünf Minuten nachdem wir unsere Rucksäcke wiederhatten, fing es an zu regnen. Ergiebiger Landregen würde meine Mutter dazu sagen. Nasse flache Steine auf einem steilen Abstieg wären wohl nicht so praktisch gewesen. Auf den Fotos sah der Aufstieg natürlich nicht im mindesten steil aus (und die Fotos sind überdies ziemlich schlecht und deshalb größtenteils aussortiert.



Wir wandern also ins Hufeisental auf der Suche nach einem Zeltplatz. Schließlich werden wir auf einem Torfhügel an einem kleinen Bach fündig. Der Regen hat ein bischen nachgelassen und zehn Sekunden vor dem nächsten Platzregen haben wir das Zelt aufgebaut und die Rucksäcke verstaut. Auf dem folgenden Bild sieht man übrigens den Juoksavatnjunni.
Nach einer halben Stunde hat der Regen aufgehört und wir bauen unsere Kochgerätschaften auf. Eine Rentierherde kommt ins Tal und läuft gelassen an uns vorbei. Rentierherden können anscheinend ziemlich groß sein, der Zug dauert fast eine Stunde. Vorsichtige Schätzungen belaufen sich auf einige tausend Tiere -- das Tal ist ziemlich breit. Wir essen also gemütlich und schauen Rentiere an. Und die Rentiere uns. Fast scheint es als kämen Rentiertouristengruppen vorbei um Menschen mit Zelt zu sehen. Sie gehen in ca. 50 m Abstand vorbei und jedes bleibt ein paar Sekunden stehen um sich die merkwürdigen Gestalten genau anzusehen. Vielleicht dreißig Tiere entscheiden sich, die Nacht bei unserem Zelt zu verbringen, netterweise bachabwärts.
Große Rentierherden sind übrigens durchaus laut, andauernd versuchen einige Tiere, die anderen mit Grunzen irgendwohin zu treiben und die Kälber rufen nach ihren Müttern. Kleinere Herden sind sich anscheinend auch so einig wohin sie gehen wollen, da ist kaum ein Ton zu hören.
Wir machen noch einen Spaziergang durchs Tal zu einem höhergelegenen Gletschersee und ein paar Flüssen, die durch dicke Schneefelder fließen. Ich finde Schneefelder Ende Juli immer noch erstaunlich, besonders wenn man sie auf unter 1000 Metern Höhe findet. Diese sind um einiges größer als die, die wir bisher gesehen haben, und strahlen meterweit Kälte aus. Man kann auch gut sehen, warum man keine von Flüssen unterspülten Schneefelder überqueren sollte. Schliesslich kürzen wir auf dem Rückweg ein bischen über ein Schneefeld ab. Harri ist richtig schnell, er kann mit seinen Wanderstiefeln auf dem festen Schnee skifahren -- ich komme ebenfalls schnell, allerdings ungewollt recht unelegant auf dem Hosenboden hinterher.