Dienstag, 18. August 2009

Käsivarsi 2009, Tag 2

28.7.2009 Durch die Fjälls

Wir beschließen heute erstmal auf ein hohes Fjäll zu steigen um die Gegend zu sehen und den weiteren Weg zu planen. Das höchste Fjäll der Gegend befindet sich nur ein paar Kilometer entfernt, also steigen wir erstmal auf knapp 1000 Meter über NN auf. Auf dem Berggipfel befindet sich auch ein großer einsamer Rentierich. Da der Wind aus der richtigen Richtung kommt, wird es eine ziemlich nahe Begegnung mit Anstarrwettbewerb. Auf dem Fjäll befindet sich auch eine Mobilfunkbasisstation, gespeist aus Solarkollektoren, vermutlich für ein paar Hütten die ab und zu von Rentierhaltern benutzt werden. Harri meint, dass die Schweden sowas halt nötig haben ;-).
Vom Berg aus kann man tatsächlich weit sehen -- und vor allem auch wo man wirklich nicht langgehen möchte. Es fällt auf, dass die Ostseiten der Fjälls in der Gegend wesentlich steiniger sind als die Westseiten. Außerdem wird mal wieder deutlich, dass Kartenplanung nicht alles ist, die Welt sieht in Wirklichkeit doch ganz anders aus. Hinzu kommt in Schweden, dass die Beschaffenheit der Gegend in der Karte nicht besonders genau beschrieben wird. Die Höhenlinien sind eher auf höhere Berge ausgelegt, hier im Hügelland sieht man die Form der Fjälls nicht besonders deutlich. Während auf finnischen Karten Sümpfe verschiedener Art gibt ("blaue" und "grüne Sümpfe"), ist in den schwedischen Karten lediglich die Art von Sümpfen verzeichnet, die man auf jeden Fall nicht durchqueren will.
Wir beschließen, dem Rastojaure, dem riesigen See in der Region, einen Besuch abzustatten. Es geht also Richtung Nordwesten, erstmal zu einer Brücke, wo wir auch unter einem Rentierzaun durchkriechen müssen. An der Brücke machen wir Mittagspause und schauen den Lapintiiras, eine Art Seeschwalben, zu.
Mir scheint das Mittagessen nicht so besonders gut zu bekommen, zumindest fühl ich mich ein bischen schwach und flau im Magen. Harri scheint es ähnlich zu gehen und so fangen wir irgendwann an einen Zeltplatz zu suchen. Im ersten Tal gibt es keinen einzigen, so steinig und uneben ist es, aber schließlich finden wir einen netten Platz mit nur mittelviel Mücken an einer Flussmündung. Die Flüsse scheinen hier zur Schneeschmelze ziemliche Kraft zu haben. Im Moment führen sie nur wenig Wasser, deswegen muss man manchmal einige Meter in die beeindruckenden steinigen Flussbetten hinuntersteigen um dann ein Bächlein zu überqueren. Als wir uns gerade daran machen, Abendessen zu kochen, hören wir Motorengeräusche. Ein Rentierhalter auf seinem "mönkkijä", so ein kleines Geländefahrzeug, und seinen zwei Hunden kommt vorbei. Er erkundigt sich, was wir so vorhaben und ob wir Rentiere gesehen haben. Wir haben uns auch schon gewundert bisher nur eins zu treffen, aber sie scheinen verschollen zu sein. Dann fragt er, wie wir den hergekommen seien, mit dem Hubschrauber? Wir erklären, dass man auch ganz normal laufen könne, das findet er seltsam. In der Tat haben wir heute und gestern mehrere Hubschrauber beobachtet. Anscheinend fliegen die Fischer von Kilpisjärvi zum Rastojaure. Das beeinträchtigt die Illusion der unberührten Natur weitab jeder Zivilisation etwas. Die Schweden scheinen mit der Natur im allgemeinen anders umzugehen als die Finnen. In Finnland gibt es wenig Wege, Hütten und sonstige Infrastruktur, man geht einfach so wandern. In Schweden stecken da anscheinend einiges an Subventionen hinter. Allerdings ist die Landschaft in Nordschweden und Norwegen ja auch etwas rauer und ohne Brücken wäre es bei einigen Flüssen fast unmöglich sie zu überqueren.

Nach dem Abendessen kehrt die Energie zurück und wir beschließen das im Tal gegenüberliegende Fjäll zu besteigen -- ohne Rucksack läuft es sich leichter. Die "richtigen Berge" sind schon um einiges nähergekommen und man sieht immer mehr Details. Sie scheinen schon wesentlich steiler als gestern. Wie immer sieht man drei Länder: Norwegen, Schweden und Finnland. Auffällig sind auch die Steine, über die man ständig kraxelt. Steine auf einem Haufen sind manchmal aus völlig verschiedenen Materialien und wir finden zum Beispiel einen ca. einen Kubikmeter großen Block aus reinem Quarz. Auf dem Rückweg genießen wir einen schönen orangerosanen Sonnenuntergang. Nicht dass es dunkel werden würde, aber die Sonne geht trotzdem ein bischen unter.