Freitag, 28. August 2009

Käsivarsi 2009, Tag 6

1.8.2009 Durchs Hufeisental

Heute morgen war von den tausenden Rentieren im Tal nichts mehr zu sehen. Ein einzelnes sah uns von weitem beim Frühstücken zu, und irgendwann fanden wir durch Zufall auch einige hundert mehr -- das nächste Bild ist mal wieder ein Suchbild mit Rentier. Verrückte Tiere. Und erstaunlich, dass die da mal kurz hochgehen und auf dem Schneefeld nicht einfach wieder abrutschen, sogar mit den Kitzen.
Plötzlich ziehen dunkle Wolken ins Tal und wir packen sehr zügig ein. Kurz vor dem Regen kommen wir los, es geht zum Pass nach Norden. Besonders bei so einem Regen merkt man warum der Berg am Anfang des Tals Juoksavatnjunni (ungefähr übersetzt wohl Berg des fliessenden Wassers) genannt wird -- wir überqueren ungefähr alle 20 Meter einen Bach, mal eher ein Rinnsal, mal ziemlich tief. Allerdings ist der Wasserstand insgesamt immer noch recht niedrig, so dass wir mit ein bischen Sportsgeist einen Weg mit den Stiefeln über die Steine finden. Manche Bäche werden hauptsächlich von Gletschern gespeist und führen so seltsam grau-undurchsichtiges Wasser und die Steine sind mit gleichfarbigem Schlamm überzogen. Etwas unpraktisch. Nachdem wir das Tal halb durchquert haben hört es halbwegs auf zu regnen. Wir finden noch mehr Schneefelder mit Rentieren. Ich finde heraus, dass die vierhundert Meter Höhenunterschied auf den Pass hinauf aus Torfhügeln mit Bächen und Sümpfen dazwischen besteht (Auf dem Bild sieht man den Maßstab leider nicht besonders gut...). Das ist nicht so extrem motivierend, ständig ein paar Meter steil rauf, dann wieder runter, durch den Sumpf, über den Bach, noch ein bischen mehr Sumpf und dann wieder von vorne. Immerhin wird es weiter oben hin steiniger. Und während ich so vormichhin schimpfe sind wir plötzlich auf dem Pass angekommen.
Im Norden sieht man Norwegen und sogar ein klitzekleines Stück Eismeer -- die Spitze des Lyngenfjords. Während ich mich ein bischen ausruhe, versucht Harri herauszufinden, ob wir vom Pass aus den Moskkugaisi besteigen können (oder wollen). Das ist der höchste Berg in der Region. Plötzlich sehe ich Harri auf dem Hosenboden und in seltsamer Position ein langes steiles Schneefeld heruntersausen. Während ich überlege, was ich mache, wenn er nicht wieder in meinem Blickfeld auftaucht sehe ich ihn wieder auf dem Weg nach unten und wenig später wird mir mitgeteilt, dass er nur mal wissen wollte, was passiert wenn man auf so einem Schneefeld ausrutscht. Aha.
Ich bin eher dafür, die kleine Spitze des Pältsän auf der anderen Seite des Passes zu besteigen und das machen wir dann auch. Dann müssen wir die über den Tag gesammelte potentielle Energie wieder umwandeln -- auf ungefähr einem Kilometer geht es so weit runter wie wir den ganzen Tag heraufgelaufen sind. Der ganze Nordhang ist mit Schmelzwasserrinsalen und Steinfeldern übersät -- aber hilfreicherweise finden wir einige lange Schneefelder über die wir schneller herunterkommen. Ich finde es nicht so vertrauenserweckend mit dem schweren Rucksack da runter zu müssen, aber eine kurze Kletterpartie über Steinfelder lässt mich schnell das geringere Übel wählen -- und nach einer Zeit bringt es auch tatsächlich Spaß Anfang August auf Schneefeldern skizufahren. Weiter unten wird es grüner, und wir finden sogar ein paar vielversprechende Stellen, aber kein Wasser mehr. Weiter unten finden wir Wasser, Mücken und Sümpfe -- und irgendwann eine kleine Anhöhe. Wir sind ziemlich nah am "Nordkalottleden", einem Fernwanderweg, gelandet und Harri fängt schon an, paranoid nach Menschen Ausschau zu halten. Heute haben wir auf dem Weg im Hufeisental schon zwei von weitem auf der anderen Seite des Tals gesehen. Aber an diesem Abend verirrt sich keiner mehr in unsere Nähe. Wir haben das Zelt übrigens an einem breiten Fluss mit eiskaltem klaren Wasser aufgestellt, der wunderbar entspannend rauscht. Während ich in den ersten Tagen bei jedem Geräusch aufgewacht bin, schlafe ich inzwischen im Zelt tief und fest, allerdings wird mir berichtet, dass ich im Schlaf rede. Und zwar laut und deutlich in Englisch, so dass ich morgens zu hören bekomme, was ich letzte Nacht wieder Seltsames gesagt habe...